Am 18.03.2025 machten sich die Teilnehmenden des zweiten Projektzyklus im Interreg-Projekt NEURO gemeinsam mit dem Bus auf den Weg von Regensburg nach Konstantinbad, um die lokale Rehabilitationseinrichtung „WELLNESS CENTRUM KONSTANTINOVY LÁZNĚ“ zu erkunden. Im Rahmen ihres Aufenthaltes erhielten die Teilnehmenden umfassende Informationen über das vielfältige Rehabilitationsangebot der Einrichtung, welches von traditioneller Heilkunde über atemtherapeutische Reha bis hin zu kardiologischer oder orthopädischer Reha reicht.
Länderspezifische Unterschiede verstehen
Im weiteren Verlauf des Aufenthaltes erhielten die Studierenden bei einer Führung durch die Praxiseinrichtung einen Einblick in die standorttypischen Rehabilitationsverfahren, darunter elektro-, hydro- und bewegungstherapeutische Maßnahmen sowie die für Konstantinbad typischen kohlendioxidassoziierten Behandlungsmaßnahmen wie nasse und trockene Kohlendioxidbäder sowie die Quellgas-Insufflation – eine Art der subkutanen Kohlendioxidinjektion. Dies ermöglichte den Studierenden aller Partneruniversitäten einen Einblick in die Überschneidungen und länderspezifischen Unterschiede der Rehabilitationsmaßnahmen sowie in das öffentliche Gesundheitssystem der Tschechischen Republik. Im Anschluss an die eindrücklichen Ereignisse des Vormittags konnten sich die Teilnehmenden bei einem gemeinsamen Mittagessen stärken und über die entstandenen Eindrücke austauschen.
Besuch der Partneruniversität Pilsen
Mit neuen Ideen traten die Teilnehmenden nach der Mittagspause gemeinsam den Weg zur Fakultät der Partneruniversität in Pilsen an. Dort angekommen hatten unsere Studierenden die Möglichkeit, die Fakultät der Partneruniversität zu erkunden, bevor die Arbeitsphase in den Projektgruppen eingeläutet wurde. Im Laufe des Nachmittags bot sich für die deutsch-tschechischen Kleingruppen die Gelegenheit, Gedanken und Ansätze anhand realer neurologischer Patient*innenbeispiele zu diskutieren sowie IMU- und EMG-basierte Testverfahren zu entwerfen und weiterzuentwickeln.
Wir bedanken uns herzlich bei allen involvierten Projektpartner*innen für die tolle Organisation und den Einblick in die Rehabilitation der Tschechischen Republik und freuen uns auf die kommenden Projektaktivitäten.
Unser nächstes Treffen mit Fortbildung und Diskussion findet dieses Mal an einem Montag, den 05. Mai 2025 in gewohnter Weise von 18:00 bis 20:00 Uhr im Hörsaal des Biopark I (Erdgeschoss links), Am Biopark 9, 93053 Regensburg, statt.
Praktische Testverfahren zur Differenzierung von Schmerzen
Die Teilnehmenden erfahren, wie Quantitative Sensorische Testung (QST) und ergänzende Tests – wie Kraft-, Reflex- und Algesietests – zur Differenzierung von Schmerzen (neuropathisch, noziplastisch und nozizeptiv) eingesetzt werden können. Dabei wird der klinische Kontext berücksichtigt, um die Befunde in eine fundierte Therapieplanung zu integrieren.
Nach einer kurzen Einführung der theoretischen Grundlagen der verschiedenen Schmerzarten werden die standardisierten sensorischen Tests wie thermische Tests, mechanische Schmerz- und Druckschmerzschwellen-Tests mittels Algometer, Vibrationsdetektion oder weitere ergänzende Tests wie Kraft- und Reflextests oder Algesietests vorgestellt. Eine Live-Demonstration der Tests ist ebenso vorgesehen wie klinische Fallbeispiele, Kleingruppenarbeit und Diskussion.
Verständnis für Schmerzarten – Einbezug klinischer Kontext
Unsere Frühjahrsveranstaltung kombiniert fundierte theoretische Grundlagen zu Diagnosekriterien mit Testverfahren und klinischer Praxis. Die Teilnehmenden erhalten nicht nur ein Verständnis für die unterschiedlichen Schmerzarten, sondern lernen auch, wie sie mithilfe standardisierter quantitativer sensorischer Testungen und ergänzender klinischer Tests differenzierte Diagnosen stellen und individuelle Therapieansätze ableiten können.
Wir freuen uns sehr, dass Prof. Dr. Andrea Pfingsten, Leiterin des Labors Physiotherapie am RCHST der OTH Regensburg, zum World Physiotherapy Congress (WPC) vom 29. bis 31. Mai 2025 nach Tokio (Japan) eingeladen ist.
In ihrem Vortrag mit dem Titel „Biomechanical characteristics of knee rehab exercises: A new approach for data-based exercise selection“ referiert sie zu Ergebnissen biomechanischer Parameter in Verbindung mit der Auswahl und Steigerung von Rehabilitationsübungen des Kniegelenks.
Im Rahmen einer Querschnittsstudie innerhalb vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Forschungsprojektes MyReha-digital, einem Verbundprojekt mit Partnern aus Industrie und den Forschungslaboren Physiotherapie und Biomechanik, konnten bei 30 gesunden Personen Daten zu den folgenden Übungen und Alltagsbewegungen erhoben werden: Gehen, Treppensteigen mit/ohne Geländer, Hinsetzen und Aufstehen mit/ohne Armlehnen, Hocke, Unterschenkelstreckung im Sitz, Ausfallschritt, sagittale und ventrale Gewichtsverlagerungen, Einbeinstand in drei Koordinationsstufen, Treppauf-Schritt und Treppab-Schritt.
Die Erfassung der Bewegungsdaten erfolgte mit dem markerlosen optischen Motion Capture System „TheCaptury“ (Deutschland). Eine Berechnung der kinematischen Daten und die Simulation der kinetischen Daten erfolgte mit „AnyBody Technology (Dänemark).
Es konnte festgestellt werden, dass spezifische Übungen wie Ausfallschritte oder Kniebeugen sowie zahlreiche Aktivitäten des täglichen Lebens eine hohe Belastung an die Kniegelenke hinsichtlich der Gelenkkinematik, der Gelenkkräfte und der Muskelaktivität stellen. Bemerkenswerterweise wiesen Aktivitäten des täglichen Lebens, wie Gehen und Treppensteigen, vergleichsweise hohe Anforderungen auf. Im Gegensatz dazu sind beispielsweise die Anforderungen bei Gleichgewichtsverlagerungen im Stand oder einbeinigen Standvariationen gering.
Die vorliegenden Ergebnisse markieren einen Fortschritt in Richtung einer auf Daten basierenden Auswahl von Übungen und der Entwicklung maßgeschneiderter Rehabilitationsprogramme. Zudem illustrieren sie das erfolgreiche synergetische Zusammenwirken von Forschenden aus unseren Laboren Biomechanik und Physiotherapie am Regensburg Center of Health Sciences and Technology (RCHST).
Wir wünschen Prof. Dr. Andrea Pfingsten viel Erfolg und Freude für Ihren Vortrag beim WPC in Japan!
Rückblick auf den Vortrag beim 42. Berliner Arthroskopie-, Gelenk- und Sport-Symposium
Am 10. Januar hat unser wissenschaftlicher Mitarbeiter Valentin Schedel, Physiotherapeut, M.Sc., im Rahmen des 42. Berliner Arthroskopie-, Gelenk- und Sport-Symposiums in Oberwiesenthal einen Vortrag zum Thema „Möglichkeiten der prä- und postoperativen Schmerzedukation im Kontext von Knie-TEP“ präsentiert. Der Fokus lag auf Pain Neuroscience Education (PNE), einer evidenzbasierten Therapieform, die durch gezielte Aufklärung über Schmerzmechanismen das Verständnis der Patientinnen und Patienten stärkt und ihre Selbstwirksamkeit fördert. Aktuelle Studienergebnisse wurden vorgestellt, wobei insbesondere die Bedeutung spezifischer Edukationsinhalte und die Integration von PNE vor und nach einer Kniearthroplastik im Mittelpunkt standen.
Ein besonderes Dankeschön geht an Tobias Jung und Dennis Liem für die Einladung und die mustergültige Organisation des Symposiums. Diese Veranstaltung war eine großartige Gelegenheit, die Arbeit des Regensburg Center of Health Sciences and Technology sowie die Forschungsarbeit der Physiotherapie einem fachkundigen Publikum zu veranschaulichen. Es war eine große Ehre und ein bereichernder Austausch, die Rolle der Physiotherapie in einem traditionell anästhesistischen Handlungsfeld in einer Vortrag-Session vorstellen zu dürfen.
Am 11. und 12. Dezember 2024 öffnete das Labor Physiotherapie des Regensburg Center of Health Sciences and Technology seine Türen für den zweiten Studierendenworkshop an der OTH Regensburg im Interreg Projekt NEURO. Während dieser beiden Tage hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich kennenzulernen, Fachinformationen auszutauschen und in den Studierendengruppen inhaltlich mit der Projektarbeit zu starten.
Seit dem 1. September 2023 kooperiert die OTH Regensburg mit der Westböhmischen Universität und der Karlsuniversität in Pilsen im Rahmen des EU-geförderten Projekts „Interreg NEURO“, um Studierende in der Neurorehabilitation auszubilden und einen internationalen Wissensaustausch zu fördern. Die zweite Projektperiode ist kürzlich mit einer neuen Kohorte von Studierenden aus Deutschland und Tschechien gestartet.
Workshop zur interkulturellen Kommunikation
Am ersten Workshoptag stand ein interkultureller Kommunikationsworkshop im Mittelpunkt, der die Grundlage für eine erfolgreiche transnationale Zusammenarbeit legte. Nach der Begrüßung im Labor für Physiotherapie am Biopark trafen sich die Teilnehmenden zum gemeinsamen Mittagessen in der OTH-Mensa. Gestärkt tauschten sie erste Eindrücke aus, bevor sie in den Workshop starteten, bei dem sie ihre Arbeitsgruppen für den zweiten Workshoptag bereits besser kennenlernen konnten. Ein besonderer Dank gilt Frau Teiser und dem Team von InterCultur für die gelungene Gestaltung des Programms.
Input zur Neurorehabilitation
Der zweite Workshoptag konzentrierte sich auf die Neurorehabilitation und bot den Studierenden fachliche Vorträge zur Organisationsstruktur der Neurorehabilitation in Deutschland, zu Therapiezielen, Assessments und den Grundsätzen evidenzbasierter Praxis (EBP). Im Rahmen praktischer Fallarbeit setzten sich die Studierendengruppen anschließend mit realen Patient*innen und Messmethoden auseinander. Den Abschluss des Tages bildeten Präsentationen der erarbeiteten Inhalte im Plenum, bei denen die Vielfalt der Ansätze deutlich wurde und ein intensiver Wissensaustausch stattfand.
Nächste Schritte im Projekt
Als nächster Programmpunkt steht am 18. März 2025 eine Exkursion in eine Praxiseinrichtung in Tschechien an, die den Studierenden weitere spannende Einblicke in die Neurorehabilitation in Tschechien bieten wird. Ein herzlicher Dank gilt allen Beteiligten für die Planung und Durchführung der erfolgreichen Workshops.
Ein jährliches Highlight der Physiotherapieforschung – das FSPT
Vom 22. bis 23. November 2024 fand an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg das 8. Forschungssymposium der Physiotherapiewissenschaften (FSPT) unter dem Motto „Bridging the gap“ statt – ein Highlight für alle, die in Forschung und Lehre der Physiotherapie tätig sind. Auch wir vom Physiotherapielabor des Regensburg Center of Health Science and Technology der OTH Regensburg waren mit einer starken Delegation vertreten: Frau Prof. Dr. Andrea Pfingsten, Johannis Mertens (M.Sc.), Valentin Schedel (M.Sc.) sowie zehn Studierende bzw. ehemalige Studierende beteiligten sich aktiv an der zweitägigen Veranstaltung.
Straffes Programm – perfekte Plattform für den Austausch
Das Symposium bot innerhalb eines straffen Programms eine perfekte Plattform für den Austausch und die Präsentation von Forschungs- und Projektergebnissen. Folgende Beiträge leisteten das Labor Physiotherapie und die Studierendengruppen:
Workshop zu Pain Neuroscience Education: Frau Prof. Dr. Pfingsten, Johannis Mertens und Valentin Schedel leitetet einen interaktiven Workshop, der sich ausführlich mit der Umsetzung von PNE in der physiotherapeutischen Praxis und der Evidenz zur Wirksamkeit der Edukations-Intervention beschäftigt hat.
Vortrag zum Projekt TePUS: Valentin Schedel präsentierte Einblicke in das abgeschlossene Forschungsprojekt TePUS und regte spannende Diskussionen zur Umsetzung von telemedizinischen Interventionen in der Physiotherapie an.
Kurzvorträge und Posterpräsentationen unserer Studierenden:
Die Gruppe um Nick Braune, Magdalena Greiner, Fiona Kappen, Sophie Kerscher, Cornelia Mezler und Lea Walter stellte ihre Arbeit zur „Cognitive-Motor Interference in Dual Tasking“ vor.
Sabrina Furtner, Lena Gebhard, Daniel Kaulhausen, Leonie Mangold und Sarah Petermaier beleuchteten Unterschiede in der länderspezifischen Ausbildung von Physiotherapeut*innen.
Das Projekt zur Anwendungsbereitschaft von PNE unter den deutschen Physiotherapeut*innen von Sandra Schmidt, Anna Weiser, Melissa Heyartz, Kevin Fernsimer und Sabrina Osterried wurde von Valentin Schedel ersatzweise präsentiert.
Promotionsprojekt „Exoskeletale Unterstützung in der Pflege“: Prof. Dr. Pfingsten berichtete in einem Kurzvortrag über das Promotionsprojekt unserer ehemaligen Kollegin Prof. Dr. Hannah Brandt.
Die Keynotes von Prof. Hans Lund, Prof. Dr. Anne Gärtner, Prof. Dr. Annette Probst und ass. Prof. Alessio Bricca PhD, an den wir teilnehmen konnten, waren ausgesprochen spannend, kritisch und lehrreich. Wir, das Team des Labors Physiotherapie, kehren „immer noch etwas verwirrt, aber auf einem höheren Niveau“ zurück.
Ein herzlicher Dank gilt dem Organisations-Team um Prof. Dr. Christian Kopkow von der BTU Cottbus-Senftenberg für die exzellente Planung, die inspirierenden Beiträge und die angenehme Atmosphäre. Es war uns eine Freude, auch in diesem Jahr wieder so viele Studierende und Alumni der OTH Regensburg dabeizuhaben und die Fortschritte unserer gemeinsamen Arbeit zu präsentieren. Wir freuen uns schon jetzt auf das kommende Symposium am 21. und 22.11.2025 in Bremen!
Am 12. Oktober 2024 fand im Landratsamtssaal in Neumarkt in der Oberpfalz eine Fachveranstaltung zum Thema „Physiotherapie im Spannungsfeld einer sich wandelnden gesundheitspolitischen und sozialen Struktur“ mit rund 70 Teilnehmenden statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von Dr. Janka, Chefarzt der Neurochirurgie am Klinikum Neumarkt. Im Rahmen einer Kooperation nahmen auch zwei wissenschaftliche Mitarbeiter*innen der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) aus dem Labor Physiotherapie unter der Leitung von Prof. Dr. Andrea Pfingsten teil. Sie beteiligten sich aktiv mit Vorträgen und regten zur Diskussion über die Entwicklung des Berufsbildes Physiotherapie und die damit verbundenen Herausforderungen an.
Akademisierung und Professionalisierung der Physiotherapie
Herr Schedel, M.Sc. hielt im Rahmen der Veranstaltung einen Vortrag mit dem Titel „Akademisierung der Physiotherapie – Herausforderungen der Profession meistern“. In seinem Vortrag gab er spannende Einblicke in die aktuelle Entwicklung der Physiotherapie und legte einen besonderen Fokus auf die berufssoziologische Betrachtung. Im Mittelpunkt des Vortrags stand die Frage, welche Rolle die Physiotherapie in einer sich verändernden Gesellschaft zukünftig einnehmen sollte. Die Akademisierung wurde dabei nicht als Selbstzweck, sondern als wesentlicher Schritt zur Disziplinbildung und Professionalisierung gesehen. Diese Sichtweise steht in engem Zusammenhang mit der Professionsforschung, die den Übergang von einem Beruf zu einer Profession als einen Prozess beschreibt, der durch wissenschaftliche Fundierung und zunehmende Autonomie der Berufsangehörigen gekennzeichnet ist.
Selbstdefinition der Physiotherapie als Profession
Ein weiterer zentraler Aspekt der Darstellung war die Diskussion der Selbstdefinition der Physiotherapie als Profession. Dabei wurden berufssoziologische Theorien aufgegriffen, um typische Merkmale einer Profession wie strenge Ausbildungsregelungen, eine klar definierte wissenschaftliche Wissensbasis und eine hohe Entscheidungsautonomie herauszuarbeiten. Diese Merkmale wurden den aktuellen Entwicklungen in der Physiotherapie gegenübergestellt, die bisher von einer Teilakademisierung und einer Professionalisierung in den Kinderschuhen geprägt sind.
Anforderungen aus Sicht der Patient*innen und des Gesetzgebers
Darüber hinaus beleuchtete der Vortrag die Anforderungen an die Physiotherapie sowohl aus Sicht der Patient*innen als auch der Gesetzgeber. Besonders hervorgehoben wurde die evidenzbasierte Praxis als zentrales Element der Professionalisierung. Die Integration wissenschaftlicher Erkenntnisse in den klinischen Alltag sei essentiell, um den steigenden Anforderungen an die Patientenversorgung gerecht zu werden.
Diskussion zur Vollakademisierung der Physiotherapie
Der Vortrag regte zur Diskussion an, insbesondere über die Frage, inwieweit die Vollakademisierung der Physiotherapie die Qualität der Patientenversorgung nachhaltig verbessern kann. Insgesamt bot der Vortrag einen tiefen Einblick in die aktuellen Herausforderungen der Physiotherapie und skizzierte die notwendigen Schritte, um den Beruf weiterzuentwickeln und langfristig als eigenständige Profession zu etablieren.
Fachveranstaltung für Physiotherapie am Klinikum Neumarkt. V.l.n.r. Dr. Michael Janka (Chefarzt Klinikum Neumarkt), Willibald Gailler (Landrat Neumarkt), Christiane Kopp (Osteopathin), Stephanie Stigler (Physiotherapeutin, Spiraldynamik), Valentin Schedel (Physiotherapeut M.SC.) und Elke Schulze (Physiotherapeutin M.SC.). Foto: Janka.
Rolle der Manuellen Therapie in der modernen Physiotherapie
Der Vortrag von Elke Schulze, M.Sc. ACP OMT stand unter dem Titel „Die Rolle der Manuellen Therapie in der modernen Physiotherapie“ und beleuchtete sowohl die theoretischen Grundlagen als auch die praktische Anwendung der Manuellen Therapie (MT). Frau Schulze stellte sich mit ihrer über 25-jährigen Erfahrung als MT-Dozentin und ihrer umfangreichen OMT-Ausbildung vor. Sie betonte die Bedeutung der MT bei der Behandlung von neuromuskuloskelettalen (NMS) Problemen. Die Manuelle Therapie basiert auf spezifischen Techniken zur Schmerzbehandlung und funktionellen Wiederherstellung auf der Grundlage des „Clinical Reasoning“, also der individuellen Anpassung der Therapie.
Fortgeschrittene Praxis in der Physiotherapie
Ein Beispiel für moderne Physiotherapie ist das Modell der „Advanced Practice in Physiotherapy“ (APP), das zusätzliche Fertigkeiten wie Injektionen und Medikamentenverordnungen sowie eine orthopädische Trage beinhalten kann. Schulze kritisierte, dass Deutschland hier international hinterherhinke, während andere Länder wie Großbritannien und Kanada APP bereits gewinnbringend einsetzten.
Evidenz und Ausbildung in der Manuellen Therapie
Schulze zitierte Studien, die die Wirksamkeit der MT bei Erkrankungen wie Schulterschmerzen und Kniearthrose belegen, wobei die MT in Kombination mit Bewegung zu signifikanten Verbesserungen führen kann. Sie verglich die Ausbildungsstrukturen international und stellte fest, dass die deutsche MT-Ausbildung mit 260 Unterrichtseinheiten hinter den internationalen Standards zurückbleibt, die zumeist im Rahmen eines Masterstudiums ausbilden. Ein weiteres Problem sei die uneinheitliche Qualität der Lehre in Deutschland.
Praxisbeispiele aus der Manuellen Therapie und Fazit
Anhand von Praxisbeispielen demonstrierte sie die Anwendung der MT bei typischen Beschwerden wie Schulter- und Knieschmerzen und betonte den integrativen Charakter der MT. Abschließend diskutierte sie die Herausforderungen und Chancen der MT, wobei sie die Bedeutung einer evidenzbasierten Praxis und die Rolle der MT als Assessmentverfahren zur Differentialdiagnostik hervorhob. In der anschließenden Diskussion wurden die Erfahrungen der Teilnehmenden mit der MT vertieft.
Der Vortrag von Frau Schulze bot wertvolle Einblicke in die Stellung der Manuellen Therapie in der modernen Physiotherapie, insbesondere im Hinblick auf die evidenzbasierte Anwendung und die Herausforderungen in der Ausbildung. Die Integration der MT in die moderne Physiotherapie ist eine spannende Entwicklung, die in Deutschland noch nicht etabliert ist.
Am vergangenen Dienstag, dem 25. Juni, nahmen die deutschen und tschechischen Studierenden im Interreg-Projekt Neuro an der Crossborder Conference in Pilsen, Tschechien, teil. Diese Veranstaltung markierte den Abschluss des ersten Ausbildungszyklus eines transregionalen tschechisch-bayerischen Teams von Studierenden. Begleitet wurden sie von Frau Prof. Dr. Pfingsten und Herrn Mertens.
Angefangen mit der Keynotespeech von Mgr. Václav Kulich der Medizinischen Fakultät der Karls-Universität zum Thema Spastik hat sich alles um das Thema Neurorehabilitation gedreht. Neben der Präsentation von sechs Patientenfallbeispielen von Teams tschechisch-deutscher Studierender wurden die Ergebnisse zwei deutscher Forschungsgruppen vorgestellt:
Studierendenarbeit zu Kognitiv-motorischen Interferenzen
Die Forschungsgruppe “Investigation of Cognitive-Motor Interference in Dual-Tasking” um Nick Braune, Magdalena Greiner, Fiona Kappen, Sophie Kerscher, Cornelia Mezler und Lea Walte hat die wechselseitigen Auswirkungen der zeitgleichen Bewältigung einer motorischen Aufgabe und einer kognitiven Aufgabe untersucht. Elf Probanden sollten mit maximaler Kraft für fünf Sekunden ihre Hand zur Faust ballen, während ein Handdynamometer (Griffkraftmessgerät) die dabei entwickelte Kraft in Newton und ein Elektromyographiesystem (EMG) die elektrischen Aktivität im Bereich der arbeitenden Muskulatur aufzeichnete. Sie erhielten in einem weiteren Durchgang die gleiche Aufgabe und sollten zudem kopfrechnen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Kraft und elektrische Aktivität während der Denkaufgabe signifikant geringer waren, wenn Denkaufgabe und motorische Aufgabe gleichzeitig bewältigt wurden. Die kognitive Leistung hingegen wurde durch die zeitgleiche Bewältigung einer motorischen Leistung nicht signifikant beeinträchtigt.
Studierendenarbeit zu Unterschieden länderspezifischer Ausbildung in der Physiotherapie
Die Forschungsgruppe “Differences in country specific training of Physiotherapists” um Sabrina Furtner, Lena Gebhard, Daniel Kaulhausen, Leonie Mangold und Sarah Petermaier hat die Wissenschaftlichen Kompetenzen und Fachkompetenzen in der Neurologie zwischen tschechischen Studierenden und deutschen Auszubildenden, sowie zwischen deutschen Auszubildenden und deutschen im (ausbildungsintegrierenden) Studium mithilfe eines Fragebogen auf Basis der Selbsteinschätzung verglichen.
86 Fragebogen wurden statistisch untersucht. In beiden Kompetenzfeldern konnte im Gruppenvergleich zwischen tschechischen Studierenden (Md= 3) und deutschen Auszubildenden (Md=3) kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. (wissenschaftliche Kompetenz: p= .466; Fachkompetenz in der Neurologie: p= .982). Im Vergleich der deutschen in Ausbildung mit den deutschen im (ausbildungsintegrierenden) Studium ergaben sich signifikante Unterschiede. Mit einem Median von 5 in beiden Kategorien schätzten sich deutsche Student*innen im Median um 2 Punkte besser in beiden Kompetenzfeldern ein, als deutsche Azubis. (wissenschafltliche Kompetenz: p <.001; Neurologische Fachkompetenz: p= .013).
Bewerbung beim Forschungssymposium Physiotherapie (FSPT)
Für die Studierenden in den Forschungsgruppen stellte dieses Highlight auch den Abschluss ihres letzten Moduls im Bachelorstudium dar. Um die Ergebnisse der gelungenen Studierendenprojekte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wird eine Veröffentlichung auf dem Forschungssymposium Physiotherapie (FSPT) im November dieses Jahres angestrebt – ein erstes Wiedersehen ist also vorprogrammiert!
Das Labor Physiotherapie gratuliert sehr herzlich zu dieser Leistung und wünscht Ihnen viel Erfolg und alles Gute für die anstehende Bachelorarbeit.
SWR Story: „Physiotherapie – Ein hinkendes System?“
Prof. Dr. Pfingsten nimmt Stellung zum Fernsehbeitrag
Der Beitrag des SWR veranschaulicht die prekäre Lage von Physiotherapeut*innen in Deutschland. Einerseits stellen Ärzt*innen Heilmittelverordnungen nach den Vorgaben des Heilmittelkatalogs aus, der nachweislich unwirksame Interventionen enthält und auf denen Therapieform, Menge und Frequenz angegeben sind. Andererseits besteht der Anspruch an die Therapie evidenzbasiert zu erfolgen.
Prof. Dr. Andrea Pfingsten bekräftigt und kommentiert die Aussagen des Beitrags:
Therapieform sowie deren Frequenz und Dosierung können unter diesen Bedingungen weder am Patient*innenbedarf noch an der zur Verfügung stehenden Evidenz orientiert werden. Therapeut*innen sind jedoch bestrebt, ihre Patient*innen so effizient wie möglich zu unterstützen. Daher weichen sie häufig bei ungeeigneten Verordnungen von den Vorgaben ab, was an deren Sinnhaftigkeit zweifeln lässt.
Unklare Lösungsansätze
Lösungsansätze wie Blankoverordnung oder Direktzugang, im Rahmen derer die Entscheidung über die Therapie an Physiotherapeut*innen übergehen würde, werden in Deutschland seit Jahren diskutiert und teils getestet, ohne dass Fortschritte gemacht werden. Die Blankoverordnung ist inzwischen gesetzlich möglich, wird aber nicht umgesetzt. Der für entsprechende Regelung zuständige GKV-Spitzenverband steht für ein Interview im Rahmen des Beitrags nicht zur Verfügung und lehnt schriftlich eine Aussage zum Verhandlungsabschluss ab, erhofft diesen aber zeitnah. Was unter zeitnah zu verstehen ist, bleibt jedoch unklar.
Erik Bodendiek, Allgemeinmediziner und als Vorsitzender der Bundesärztekammer zuständig für die Physiotherapie, vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung für Therapieform und -gestaltung bei den Ärzt*innen liegt, auch wenn diese nur in Abhängigkeit ihrer Grundausbildung dafür geeignet seien. Er befürchtet Haftungsprobleme für Ärzt*innen für die durch die Physiotherapeut*innen durchgeführte Therapie und erläutert dies mit der fehlenden Weitergabe von Diagnosen durch Ärzt*innen bei Blankoverordnungen. Gleichzeitig sieht er beispielsweise bei Arthrose und Rückenbeschwerden, Physiotherapeut*innen als die besten Ansprechpartner*innen und hierin auch eine Möglichkeit, nicht erforderliche Operationen zu vermeiden. Ob das als Stellungahme für den Direktzugang gewertet werden kann, bleibt ebenfalls offen.
Auch wenn der Fernsehbeitrag fachlich den Schwerpunkt auf die ambulante Versorgung muskuloskelettaler Beschwerden legt, obwohl Physiotherapie auch für anders verursachte herausfordernden Situationen, die Bewegung und Funktion gefährden, Kompetenzen aufweisen und in allen Settings der Gesundheitsversorgung arbeiten, zeigt er die durch das System entstehende mangelhafte Versorgung eindringlich auf.
Letztes europäisches Land
Diskutiert wird ebenfalls die Schlusslichtposition Deutschlands bei der Ausbildung von Physiotherapeut*innen. Deutschland ist das letzte europäische Land, bei dem für die Ausübung des Berufs nicht mindestens ein Bachelorabschluss erforderlich ist. Befragte Studierende erfahren ihre größeren Kompetenzen in Evidenzbasierung und Differentialdiagnostik als großen Vorteil gegenüber denjenigen, die an Berufsfachschulen ihren Berufsabschluss erlangen, was der weitaus größere Anteil ist.
Als Fazit kann gezogen werden, dass fehlende Autonomie und fehlende Vollakademisierung in Deutschland eine bestmögliche Versorgung von Patient*innen mit Physiotherapie verhindern. Es gibt keine Pläne, an diesem Zustand im Rahmen der anstehenden Neufassung des Berufsgesetzes etwas zu verändern. Auch vom Bundesministerium für Gesundheit hatte im Rahmen des Beitrags niemand Zeit, hierzu Stellung zu beziehen.
Im Rahmen des EU Interreg NEURO Projekts befassen sich die Studierenden im achten Semester des Studiengangs Physiotherapie (B.Sc.) Sabrina Furtner, Lena Gebhard, Daniel Kaulhausen, Leonie Mangold und Sarah Petermaier mit den Länder- und Ausbildungsspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Selbstwirksamkeitserwartung und Kompetenz von Physiotherapeuten aus Deutschland und Tschechien – mit Fokus auf den Bereich der Neurorehabilitation.
Sie sind Physiotherapeut*in oder grade auf dem Weg dahin? Sie absolvieren momentan ihre Ausbildung oder haben bereits ihre Ausbildung in Deutschland oder Tschechien absolviert? Dann suchen wir Sie!
Im Zeitraum vom 24. Mai bis 07. Juni wird daher zur Teilnahme an einer Umfrage aufgerufen – der Fragebogen ist unter diesem Link zu finden: https://www.soscisurvey.de/interreg2024/
Die Ergebnisse der Umfrage bieten die Chance Stärken in den verschieden Ausbildungssystemen zu identifizieren. Für das auf drei Jahre angelegte Lehrprojekt “Interreg Projekt 38 NEURO” wird somit ein Grundstein gelegt, auf dem verschieden weitere Projektgruppen aufbauen können.
Eine möglichst breite Beteiligung an der Umfrage ist daher essentiell, um belastbare Aussagen treffen zu können. An dieser Stelle daher der Aufruf zur Teilnahme – leiten sie gerne den Fragebogen auch weiter!
Eine Präsentation der Ergebnisse (15 Minuten) findet am Dienstag, den 25. Juni um 14:15 Uhr auf der öffentlichenhybriden “Crossborder Conference” in Pilsen statt. Eine Teilnahme unter diesem Link: https://cesnet.zoom.us/j/99047847393 ist kostenfrei möglich.